Zu den intuitiven Bildern:
JENSEITS VON RICHTIG UND FALSCH LIEGT EIN GARTEN. DA WERDE ICH DIR BEGEGNEN. RUMI
Viele Jahre lang beschäftigte ich mich allein mit konkreter Malerei, mit Rechtecken, Streifen und Quadraten. Nach und nach fing ich die Konturen an zu verwischen: Andeutungen, dass zwischen den Grenzen auch Freiheit liegt.
Aber was ist Freiheit? Für mich ist es das Einlassen auf einen Prozess, von dem ich nicht weiss, wohin er mich führt. So erlaube ich mir jeden Tag das Werk des vorangegangenen wieder teilweise oder ganz zu übermalen.
Für die intuitiven Bilder beginne ich mit einer kurzen Meditation und einer "ungeplanten" Vorgehensweise: zuerst schreibe ich mit grossen Buchstaben ein Heil- oder Seins-Wort auf die weisse Leinwand. Dann trage ich Schicht für Schicht Farben auf, bis das Energiefeld so stark angereichert ist, dass ein Funke überspringen kann.
So wie Masuro Emoto entdeckte, dass Wasser Worte oder auch Musik aufnimmt und sich damit die Wasserkristalle verändern, so spüre ich, dass die Farbe, beziehungsweise das Bild auch auf Worte reagiert, aber genau so auf die Stimmungen und Haltung des Malenden.
Während der Arbeit fotografiere ich die verschiedenen Zustände. Sie geben Einblick in den Entstehungsprozess und machen die Veränderungen sichtbar, die sonst im fertigen Bild eingeschlossen bleiben. Zudem geben mir diese Unterbrechungen die Möglichkeit, das Gemalte auf Distanz zu betrachten und zu spüren, was das Bild von mir noch braucht. Grössere Pausen von mehreren Tagen lösen oft einen mutigen „Kurswechsel" aus. Solche Prozesse nenne ich „Lebensschule", denn sie lehren mich an nichts anzuhaften.
Die so entstandenen Bilder bieten Räume, die Empfindungen enthalten und die der Betrachter nach seiner eigenen Vision gestalten und bewohnen kann.
Elisabeth Moers
Zu den konkreten Werken:
FARBE UND WIRKUNG
Stille, Leuchtkraft, Farbe und Symbolik – klare und verwischte Grenzen, aber auch Balance, Harmonie und Konzentration sind Begriffe, die ich in meinen Werken zum Ausdruck bringen möchte.
Die Erfahrung, dass Stille ein grosses Potential an Präsenz in sich birgt, hat mich über die Jahre des kreativen Schaffens immer mehr zur Reduktion gebracht. Rechtecke, Quadrate, Streifen, bis hin zu beinahe monochromen Farbfeldern, sind mir ein Gerüst, auf dem sich die Farben entfalten können. Verwischte Grenzen und das Stehen lassen von Arbeitsspuren werden zu Andeutungen, dass zwischen den Grenzen auch die Freiheit liegt.
Der Malprozess entwickelt sich in vielen Schichten, weil ich die Erfahrung mache, dass Energie und Empfindung, die ich hineingebe, letztendlich wieder auf den Betrachter zurückstrahlen. So verbirgt sich hinter einer auf den ersten Blick einfarbigen Oberfläche eine sehr komplexe Vielfarbigkeit und Vieldeutigkeit.
Dieser Malprozess, der auch an den Holzobjekten und mehrschichtigen Bildobjekten sichtbar ist, hat, wie ich meine, viel mit dem Leben allgemein zu tun. Wir lernen, verändern, entscheiden uns neu – und im Laufe der Entwicklung bleiben „Erfahrungsspuren" hängen, die Reichtum erzeugen. Einige der Holzobjekte sind Fragmente von gebrauchtem Bauholz, wie zum Beispiel jenes, das zum Bau des eigenen Ateliers gebraucht wurde. Durch Verwitterung, Betonrückstände, Nagellöcher und rauem Umgang, bringt es seine eigene Geschichte mit. – Durch mehrmalige Übermalung der Frontseite kann eine Zwiesprache zwischen den Verletzungen des Holzes und dem Farbauftrag entstehen, die zu einer neugewonnen Schönheit führt. Holzstäbe, die in meinem Atelier als Unterlage gebraucht und so auch ihre eigenen Spuren und Geschichten mitbekamen, habe ich in wenigen Arbeiten mit dem Bauholz kombiniert.
Mein Interesse an der Wirkung der Farben auf die Psyche des Menschen hat mich auch zum Malen von Gesichtern inspiriert, denen ich, je nach Ausdruck, eine Farbe zuordnete.
Es ist mir Motivation und Anliegen Werke zu schaffen, die Ruhe ausstrahlen, denn ich sehe Balance und Harmonie nicht als etwas Gegebenes an, sondern als etwas, das man suchen und erfahren kann.
Elisabeth Moers